So., 28.10.2018, Meknes - El Jadida, 385 km
Hätten wir heute nicht ohnehin abreisen müssen, wir wären wohl geflüchtet oder hätten den ganzen Tag im Hotel verbringen müssen. Dass es ganztägig regnen würde, wussten wir ja schon, aber dass es wie aus Kübeln gießt, das hatten wir nicht auf dem Radar. Unter diesen Bedingungen in der Medina herumzulaufen oder sonstiges Sightseeing betreiben zu wollen ist völlig undenkbar. Zunächst einmal machen wir es uns also im Frühstücksraum, der uns fast alleine überlassen bleibt, gemütlich und verfolgen das schaurige Treiben außerhalb. Irgendwann heißt es dann aber doch aufbrechen. Obwohl wir nur wenige Schritte bis zum Auto haben, sind unsere Jacken klatschnass als wir unsere Koffer verstaut haben und endlich im Auto sitzen. Es dauert eine ganze Weile, bis die beschlagenen Scheiben freie Sicht gewähren. In der Zwischenzeit sichten wir noch einmal die Karte, um schnellstmöglich hier herauszukommen und los geht es.
Dunkelgraue Wolken so weit das Auge reicht, auf baldige Besserung also keine Aussicht. Immerhin sind die ansonsten total verstopften Straßen heute früh fast leer, insbesondere von den gefürchteten Zweiradfahrern ist weit und breit nichts zu sehen und wir können gemütlich durch die Stadt fahren. Ab und zu scheppert es ordentlich im Fahrzeug, denn infolge des Regens übersehen wir gelegentlich die Asphaltbarrieren, die in unregelmäßigen Abständen, ähnlich unseren Kölner Tellern, für Entschleunigung sorgen sollen. Weil die unterschiedlich hoch und lang ausgeführt sind, kann man deren Auswirkung auf das Fahrzeug selbst bei trockenem Wetter nicht immer richtig einschätzen.
Lange währt unsere Freude über die entvölkerten Straßen allerdings nicht, denn die zahlreichen Kreisel sind alle unbeschildert, die Straßen haben keine Kilometersteine und so biegen wir wieder
zweimal falsch ab und brauchen bald eine halbe Stunde, bis wir die Autobahn endlich gefunden haben. Es regnet weiter so stark, dass wir wegen Aquaplaning gerade mal 80 km fahren können. Das hält die Verkehrsüberwachung allerdings nicht davon abzuprüfen, ob auch wirklich alle die Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km auf der Autobahn einhalten. Für einen Moment hatte Michael noch überlegt einen Abstecher nach Casablanca zu machen, um die große Moschee einmal anzusehen. Aber nach den Erfahrungen in Meknes und dem regnerischen Wetter entschließen wir uns von einem weiteren Abenteuer in der größten Stadt Marokkos abzusehen.
Von der Landschaft sehen wir zunächst gar nichts und im weiteren Verlauf wenig, deshalb gibt es auch überhaupt keine Fotos, es hätte einfach keinen Sinn gemacht. Soweit wir das erkennen können, prägt Obstanbau die Umgebung, ansonsten ist nicht viel Reizvolles zu entdecken. So etwa 80 km hinter Meknes lässt der Regen nach, zwar bleibt der Himmel bedeckt, aber wenigstens haben wir jetzt eine bessere Sicht und können auch etwas schneller fahren. In unregelmäßigen Abständen kommt immer wieder einmal eine Mautstation, an der wir jeweils Kleckerbeträge berappen müssen.
Zwischen Meknes und El Jadida erleben wir zum ersten Mal, was wir bisher nur aus Reiseberichten kannten. Da Mittelstreifen und Seitenstreifen der Autobahn bzw. der Schnellstraße weder durch Begrünung noch Wildschutzzäune oder sonstige Barrieren gesichert sind und auch Schutzplanken in der Regel fehlen, kreuzen gelegentlich Fußgänger, Kühe, Esel mit und ohne Karren, Mopedfahrer, einfach alles was so auf dem flachen Land unterwegs ist die Fahrbahn. Die schmale Standspur lädt solche Verkehrsteilnehmer auch, mangels Alternativen zu kilometerlangen Spaziergängen abseits von Dörfern und Städten ein. Dann fahren wir auf einen LKW zu, der eine Reifenpanne hat und mangels ausreichend breiter Standspur halbseitig in der Fahrspur steht. Zum Glück ist wenig Verkehr und hier rechnen offenbar auch alle mit solchen Überraschungen. Wenn man es nicht selbst gesehen hat, man kann es nicht glauben. Wir lassen Casablanca rechts liegen und bewegen uns nun in südwestliche Richtung. Gut 100 km vor unserem Tagesziel haben sich endlich auch die grauen Wolken verabschiedet, Sonnenstrahlen trocknen die Fahrbahn und unser Fahrzeug und es wird mollig warm. Jetzt sind wir also doch noch dem Regen davon gefahren und so macht es wieder richtig Spaß unterwegs zu sein.
Südlich von Casablanca verlassen wir die Autobahn und halten auf die Küstenstraße R 320 zu. Eigentlich könnten wir jetzt mal ein paar Fotos machen, aber die Straße hält die meiste Zeit deutlichen Abstand zur Küste und die Streusiedlungen sind wenig attraktiv. Außerdem ist die Zeit inzwischen auch schon ganz schön fortgeschritten, also sehen wir zu, dass wir unser Tagesziel erreichen.
Gegen 16:00 Uhr erreichen wir El Jadida. Die Fahrerei war richtig anstrengend, trotzdem wollen wir nicht das erstbeste Hotel nehmen und fahren deshalb bis in das Zentrum des kleinen Städtchens. El Jadida macht auf den ersten Blick einen sehr gepflegten Eindruck. Auch wenn wir den später wieder etwas korrigieren müssen, gibt es doch überdurchschnittlich viele Straßenzüge, in denen man sich als Besucher wohlfühlt. Mit der Hotelsuche haben wir weniger Glück. Mal sind uns die Häuser zu teuer, mal haben sie keinen vernünftigen Parkplatz oder machen schon von außen einen so merkwürdigen Eindruck, dass wir gar nicht erst hineingehen. Irgendwann haben wir die Nase voll vom ständigen herum Kutschern, fahren an den Anfang der Strandpromenade zurück und versuchen unser Glück bei IBIS Budget. Ein Zimmer bekommen wir dort auf Anhieb, allerdings sind wir, abgesehen vom Frühstück, nicht wirklich zufrieden mit der Unterkunft und würden uns bei einem zweiten Besuch wahrscheinlich eine andere Bleibe suchen.
Die Tagesfahrt und ein kurzer Stadtbummel haben uns hungrig gemacht, also gehen wir in ein Fischrestaurant in der Nähe der Festung und essen. Michaels gemischte Fischplatte ist durchwachsen. Die Pommes eiskalt und zweimal frittiert, der Tintenfisch hervorragend, der übrige Fisch ganz ok, das Brot ein wenig trocken. Angelikas Dorade ist gut, sie hatte allerdings ein wenig mit den Gräten zu kämpfen.
Wir gehen kurz noch einmal in die Lebensmittel- und Kleidersouks und danach durch einen Mauerdurchlass zur alten Festung, die die Portugiesen den Marokkanern als Erbe hinterlassen haben.
Die Straßen innerhalb der Festung sind ein wenig auf Tourimeile getrimmt, aber viel ist nicht los, was Michael durchaus entgegenkommt.
Zufällig kommen wir auch an der ehemaligen Zisterne der Festung vorbei, die man besichtigen kann. Ärgerlich auch hier, dass es, wie schon in Meknes wieder einmal einen Preis für Marokkaner und einen 6-mal so hohen für Ausländer gibt. Aber Michael will unbedingt selbst Fotos machen, da müssen wir also durch.
Den Eingangsbereich zur Zisterne hat man liebevoll instandgesetzt.
Leider ist die Neugier wieder mal zu groß und Michael vergisst vor dem Ticketkauf seinen Verstand einzuschalten. Die Zisterne ist schlecht ausgeleuchtet, sodass Freihandfotos nur mit sehr kurzen Verschlusszeiten und hohen ISO-Werten zu realisieren sind. Da ist Michael jetzt schon klar, dass es später keinen Spaß machen wird, die Vergrößerungen anzusehen. Also müssen wir am folgenden Tag nochmal mit dem Stativ kommen, um eine vernünftige Auflösung hinzubekommen.
Für die HP reicht die Aufnahmequalität jedenfalls.
Nach der Zisterne suchen wir einen Aufgang zur Festungsmauer, von der aus man einen schönen Ausblick auf das Meer, die Festungsanlage und die Stadt jenseits der Mauern hat.
Im Verbund mit einer aufgelockerten Bewölkung setzt die tief stehende Sonne unsere Fotomotive gekonnt in Szene.
Plötzlich hören wir lautes Pfeifen und Johlen von der gegenüberliegenden Festungsmauer und wissen das erst gar nicht einzuordnen. Dann sehen wir, dass vermutlich städtische Bedienstete die Leute auffordern, die Festungsanlage zu verlassen, weil sie nächstens geschlossen wird. Wir stellen uns erst einmal doof, weil wir bei dem schönen Licht gerne noch einige Aufnahmen machen möchten und die Treiber haben offensichtlich mit einigen Jugendlichen auch erst einmal genug zu tun. Aber irgendwann haben sie die Sache dann doch im Griff und rücken uns unerbittlich auf den Pelz. Was bleibt uns übrig? Wir weichen der Gewalt und bewegen uns gemächlichen Schrittes in Richtung Stadt.
Ein Reiher lauert auf Essbares unweit der Souks.
Für den Abend besorgen wir uns noch etwas zu Naschen. Obwohl wir immer noch etwa 18 Grad Celsius haben, sind die Einheimischen angezogen, als stünde der tiefste Winter vor der Tür. Das die nicht schwitzen. Schon erstaunlich!
Das Hotel Jadida im Zentrum der Altstadt. Lage perfekt, wir wollten schon fragen, aber kein guter Parkplatz.
Großes Kunsthandwerk zwischen Hotel El Jadida und der Moschee. Damit beschließen wir den heutigen Tag und begeben uns in unsere Unterkunft am Stadtrand.