Floßfahrt auf dem Dunajec

Pieninen-Nationalpark

Noch vor wenigen Tagen verhieß der Wetterbericht für den heutigen Tag eigentlich nur Regen. Als wir aber noch vor dem Frühstück aus dem Fenster schauen, scheint die Sonne. Das wird wohl nicht lange halten, denn der Wetterbericht hat bekanntlich immer recht und so frühstücken wir bis 09:00 Uhr und wundern uns, dass es immer noch nicht regnet. Den Morgen verbringen wir sicherheitshalber auf dem Hausberg von Zakopane, dem 1123 m hohen Gubalowka. Da sind wir notfalls ruckzuck wieder im Hotel. Als es aber auch gegen Mittag immer noch nicht regnen will, werden wir übermütig und entschließen uns eine Floßfahrt zu machen. Die Touren starten gut 40 km östlich Zakopane im Pieniny-Nationalpark bei dem Ort Sromowce Wyzynie auf dem Fluss Dunajec und erreichen nach knapp 2 Stunden den Kurort Szczawnica. 

Floßfahrt entlang der Staatsgrenze zur Slowakei (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Floßfahrt entlang der Staatsgrenze zur Slowakei (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0).

Obwohl wir von der Streckenauswahl unseres Navis nicht restlos überzeugt sind, bleibt uns nichts anders übrig als dessen Vorschlägen zu folgen, denn schon bei der Aussprache der lokalen Städtchen wird uns ganz schwindlig. Selbst das Navi bringt uns immer wieder zum Lachen, wenn es wieder einmal eine dieser unaussprechlichen Ortsbezeichnungen ausspricht und Frau Garmin dann selbst noch ins Schleudern kommt.

 

Die 50 km ziehen sich wie Kaugummi, denn die Streusiedlungen schmiegen sich immer eng an die Hauptstraße an und ziehen sich endlos in die Länge. Also geht es mit 30 bis 50 Kilometern pro Stunde sehr gemächlich in Richtung unseres Ziels und wir fürchten schon, dass wir zu spät kommen, um noch eine Floßfahrt machen zu können.

 

Irgendwann erreichen wir unterhalb der Talsperre den Ort Sromowce Wyzynie, folgen dem Fluss, denn da muss es ja irgendwo losgehen, aber von Flößern ist weit und breit nichts zu sehen, dafür finden wir uns plötzlich an der slowakischen Grenze wieder. Wir fahren noch ein Stück in das Nachbarland rein, aber dann kommen wir immer weiter vom Fluss weg, also müssen wir auf der falschen Seite des Flusses sein. Wir drehen, fahren zurück nach Polen und orientieren uns zur anderen Seite des Flusses. Da taucht dann am oberen Ende der Ortschaft Sromowce Wyzynie ein braunes Schild auf, das uns den Weg zur Ablegestelle weist und nach etwa einem weiteren Kilometer Strecke erreichen wir den Parkplatz. 

Bootsablegeplatz in Katy, östlich Sromowce Wyzne (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0). Von dem recht großen Parkplatz sind es lediglich ca. 100 m zu den Kassenhäuschen und dann noch einmal die gleiche Strecke bis zu den Bootsablegeplätzen.
Bootsablegeplatz in Katy, östlich Sromowce Wyzne (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0). Von dem recht großen Parkplatz sind es lediglich ca. 100 m zu den Kassenhäuschen und dann noch einmal die gleiche Strecke bis zu den Bootsablegeplätzen.

Der Dunajec (deutsch Dunajez) ist ein Nebenfluss der Weichsel. Er entspringt in den Westkarpaten und ist ca. 250 Kilometer lang. Seine Quellflüsse sind der Czarny Dunajec (Schwarzer Dunajec) und der Biały Dunajec (Weißer Dunajec). Die beiden Quellflüsse vereinigen

sich bei Nowy Targ zum Dunajec, der dann in den Stauseen Jezioro Czorsztyńskie und Jezioro Sromowskie aufgestaut wird.  

Der Parkplatz kostet 12 Zloty, die Floßfahrt 55 Zloty pro Person, zurück geht es später über die K1636 und die 969 mit Kleinbussen, die am Ziel schon auf uns warten und die kosten dann noch einmal 10 Zloty pro Person. Alles in allem sind wir am Ende 142 Zloty los.

 

Dafür heißt es allerdings am laufenden Band einsteigen, wir müssen also gar nicht lange warten, bis der Spaß beginnt. Die Fahrten eignen sich übrigens auch für Kinder und ältere Herrschaften, seinen Hintern sollte man allerdings auf eine Plastikunterlage betten, gelegentlich gibt es ansonsten nasse Hosen.

Die Flöße bestehen aus 5 sehr schmalen Einzelkähnen, die mit Schnüren zu einem Floß zusammengebunden werden. Das hat den Vorteil, dass sich das Floß am Zielort rasch in 5 Einzelteile zerlegen lässt. Die einzelnen Kähne sind danach gut zu stapeln, von zwei Mann leicht auf einen LKW zu verladen und können anschließend rasch zum Startplatz zurücktransportiert zu werden.

Am vorderen Ende des Floßes hat man Fichtenzweige angebracht, die sollen vermutlich Spritzwasser vom Floß fernhalten. Auf drei in der Mitte des Floßes und mit gebührendem Abstand zum Bug hintereinander angeordneten Bänken nimmt die Kundschaft Platz. Wir sind insgesamt

12 Personen plus zwei Flößer. Passt also einiges rein in so ein Floß. Schwimmwesten werden uns zumindest am heutigen Tag nicht gereicht, das deutet darauf hin, dass das Gewässer aktuell problemlos zu befahren ist. Wie man mit Kindern und deren Begleitern verfahren würde, können wir nicht sagen, denn wir haben nur Erwachsene an Bord. 

Obwohl die Flöße hier kontinuierlich ablegen, wähnt man sich auf dem Gewässer alleine, denn es dauert doch einige Zeit bis die Kähne verzurrt und die mangels Übung gelegentlich etwas ungelenk agierende Kundschaft auf den Flößen positioniert ist. Aus nachvollziehbaren Gründen scheinen auch die äußeren Plätze der Flöße weniger beliebt zu sein und so ziert sich so mancher Gast, meistens sind es Gästinnen, einen dieser Plätze einzunehmen. Auf dem herrlich grünen Wasser geht es schließlich talwärts. Anfänglich ist die Landschaft noch etwas öde, das Blätterdach vieler Bäume hat sich Anfang Mai noch nicht voll entfaltet. Doch die Tupfer in unterschiedlichsten Grünvariationen verleihen der Landschaft eine angenehme Frische und signalisieren dass es jahreszeitlich nun wieder in Richtung Sommer geht.  

Unsere Floßcrew besteht aus einem erfahrenen Flößer vorn und einem jungen Flößer hinten. Während der junge Flößer brav seinen Dienst versieht, ohne ein Wort zu sagen, ist der erfahrene Flößer offensichtlich für die Unterhaltung zuständig. Der können allerdings nur die Einheimischen folgen, denn außer Polnisch, vielleicht auch etwas Goralisch, schließlich gehört er der ethnischen Minderheit der Goralen an, kommt nichts aus seinem Mund. Aber die, die seinen Worten folgen können, sind ständig am Lachen oder am Schmunzeln und so dürfen wir annehmen, dass er so manche Anekdote zum Besten gibt. Und während er redet und redet und der hintere Flößer stakt und stakt kommen wir so manches Mal dem Flussufer näher als uns lieb ist. Aber irgendwie hat der Alte den Bogen raus und weiß, wann es Zeit wird, dem Reden ein Ende zu setzten und den Stock tüchtig auf den Grund zu stoßen, um dem Floß wieder größeren Abstand zum Ufer oder den gelegentlich auftretenden Stromschnellen zu geben und uns damit aus allzu turbulentem Gewässer herauszubefördern oder erst gar nicht in dieses hineingeraten zu lassen. 

Am Flussufer sieht man an so manchem Baum Fraßspuren von Bibern, wo die hier allerdings eine Biberburg anlegen könnten, bleibt uns schleierhaft. Vielleicht befinden sich hinter dem dichten Uferbewuchs noch Seitenarme des Flusses.

Unterwegs treffen wir einige Paddelbootfahrer, die uns mit schnellen Schlägen davon eilen.

Während wir uns mit unserer Konstruktion immer etwas abseits der turbulenten Strömung halten müssen, um Spritzwasser und nicht ganz zu vermeidende kleine Duschen in Grenzen zu halten, steuern die Paddler geradewegs auf das schnelle Wasser zu und haben reichlich Freude damit. Allerdings sind die auch entsprechend gekleidet.   

Schon rücken die steil aufsteigenden Berghänge des Pieniny-Nationalparks näher. 

Der Nationalpark umfasst die mit 982 Metern höchste Erhebung des Gebirges, die Drei Kronen, die wir in einiger Entfernung vom Fluss erkennen können. 

Vor dem Bergpanorama schwingt der Fluss nun längere Zeit hin und her, bis er den Durchstich schließlich schafft, wobei er ordentlich Fahrt aufnimmt. Auf unserer rechten Seite hat man einen Fahrradweg angelegt, sodass diese Strecke auch wunderbar auf dem Drahtesel erkundet werden kann. Und wenn man das von der Bergseite angeht, geht es auch noch die meiste Zeit bergab. Aber das spielt ja im Zeitalter der Pedelecs auch keine so große Rolle mehr.

Dass eine kleine Ladung Flusswasser dann doch immer mal wieder in unser Floß schwappt, können unsere beiden Flößer am Ende nicht verhindern. Das Wasser sammelt sich im vorderen Teil des Floßes, weil dieses, dem Gefälle des Flusses entsprechend, die meiste Zeit talwärts geneigt ist. Nasse Füße bekommt man zwar nicht unbedingt, aber die aus Gründen der Bequemlichkeit auf dem Boden des Floßes abgelegten Taschen und Kleidungsstücke würden schnell die Nässe annehmen, würde man den Kapriolen des Flusses tatenlos zusehen. Also sieht sich der alte Flößer neben dem Staken und dem Reden nun auch noch genötigt, das eingedrungene Wasser mittels eines Eimers wieder in den Fluss zu befördern. Auch das erledigt er mit größter Gelassenheit, er hat schließlich einige Jahrzehnte Erfahrung, da bringt ihn so schnell nichts aus der Ruhe.

Die Fahrt dauert am Ende knapp zwei Stunden, die Strecke beträgt um die 16 km und endet, wie weiter oben schon ausgeführt in Szczawnica przystan.

Ankuft in Szczawnica Przystan (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Ankuft in Szczawnica Przystan (Quelle: openstreetmap Lizenz CC-BY-SA 2.0).

Bezüglich des Rücktransports sind wir erst einmal etwas überrumpelt. Da wir den Flößer nicht verstanden haben, als letzte aussteigen und unsere polnischen Mitfahrer rasch in einem nahe gelegenen Lokal entschwunden sind, stehen wir erst einmal etwas deppert in der Landschaft, denn von Bussen ist am Anlegeplatz weit und breit nichts zu sehen. Unschlüssig laufen wir hoch zu einer Brücke, finden keinen Bus und kehren wieder zurück zum Anlegeplatz. Als dort die nächsten Flöße eintreffen, finden wir jemanden, der es englischen mächtig ist und uns sagt, dass die Busse auf einem Parkplatz hinter den Verkaufsbuden etwa 200 m weiter positioniert und deshalb vom Anlegeplatz aus schlecht zu sehen sind. Tatsächlich werden wir dort auch fündig. Da wir die ersten sind, müssen wir noch etwas warten, weil der Bus nur voll zurückfährt, aber schon nach 15 Minuten sind genügend Leute an Bord und es geht über die K1636 und die 969 zurück zu unserer Ausgangsstation. 

Jetzt liegen nochmal 50 km Rückweg bis Zakopane vor uns. Wir nutzen das überraschend schöne Wetter, um nochmal einige Aufnahmen des Gebirgsvorlandes zu machen. 

Unweit der nahegelegenen Talsperre statten wir der hübschen Burg Niedzica noch einen Besuch ab und sehen uns auch das Stauwerk einmal aus der Nähe an. 

Unten auf dem See liegen zwei kleine Ausflugsdampfer an der Anlegestelle. Wären wir frühmorgens hier eingetroffen, hätten wir auch hier noch einmal eine gemütliche Fahrt über den See starten können. Aber wir wollen nicht klagen, der Tag war doch deutlich trockener als erwartet und so konnten wir doch einiges unternehmen, was heute Morgen überhaupt noch nicht abzusehen war.