Tiveden - Der Wald des Gottes Tyr

Karlsborg-Tiveden NP-Karlsborg

Montag, 19.06.2023

Von Karlsborg aus folgen wir der Straße 49 in nördliche Richtung.

Auf der Anfahrt zum Tiveden Nationalpark kommen wir an einer Waage vorbei. Hier kann jeder, der das möchte, das Gewicht seines Fahrzeugs kontrollieren. Eine schöne Idee. Das müssen wir jetzt auch einmal ausprobieren. Aber ist das auch keine Falle? Nein, kein Streifenwagen weit und breit, kein Zoll, absolut niemand!

Na wer sagt es denn, das ist ja eine Punktlandung, 3.500 kg bringen wir auf die Waage! Aber - die Sache hat einen Schönheitsfehler. Der Fahrer ist draußen und macht das Foto. Jetzt wollt ihr bestimmt wissen was der wiegt. Nö nö, Beichtgeheimnis. Jedenfalls gut zu wissen, wo wir stehen. Und man muss bedenken: Wir haben noch etliches an Essensvorräten verstaut, dazu mindestens 60 Liter Frischwasser und 30 kg Grauwasser an Bord. Wir sollten also unser Flüssigkeitsmanagement schleunigst verbessern, dann sind wir ziemlich genau dort, wo wir sein sollten. Die nächste VE-Station wird jedenfalls unser sein.

Auf Höhe der Ortschaft Sörhamn biegen wir von der Straße Riksväg 49 nach Norden auf die Nebenstraße zum Tiveden Nationalpark ein. Noch vor dem Park passieren wir die Campingplätze Camping Ved Tiveden Nationalpark und Stenkällegården und erreichen schließlich den Haupteingang (Huvudentrèn). Aber auch hier sind wir noch nicht am Ziel. Besucherzentrum und Parkplatz fliegen an uns vorbei und weiter geht es nach Norden auf der schon seit einiger Zeit geschotterten Piste. Nun müssen wir den Park noch einmal kurz verlassen, bis wir den Abzweig am Vitsandsvägen erreichen, in den wir nun einbiegen. Der Weg beschreibt alsbald einen U-Turn und führt uns dann etwas weiter westlich wieder nach Süden in den Park hinein. So erreichen wir endlich den nördlichen Eingang Entré Vitsand. Hier wollen wir unsere erste Wanderung starten.

Der schwedische Nationalpark Tiveden liegt zwischen den Seen Vänern und Vättern. Tiveden ist ein felsiges, verblocktes und teilweise von Urwald bewachsenes Gebiet. Im Nationalpark befinden sich neben dem Fels Trollkyrka auch mehrere Wildmarksseen. Zusammen mit den Wäldern östlich des Vättern (Tylöskog und Kolmården) bildet Tiveden die Grenze zwischen Götaland und Svealand. Der Name ist als der Wald (ved) des Gottes Tyr (Ti) zu verstehen.

 

Tiveden hat eine Größe von insgesamt 1353 ha, davon sind 137 ha Wasserfläche. Ziel des 1983 gegründeten Parks ist die Erhaltung einer zusammenhängenden, fast unberührten Wald-, Seen- und Felslandschaft. Der Wald soll sich langsam zum Urwald entwickeln können.

 

Gewöhnliche Tierarten in den Wäldern des Nationalparks sind Elche und Hirsche. Außerdem leben dort Marder, Füchse, Eichhörnchen und Hasen. Manchmal sieht man auch Wölfe und Luchse. In den vielen Flüssen und Seen des Nationalparks Tiveden leben verschiedene Unterarten des Bibers. Schließlich sind viele Vogelarten, wie Käuze, Auerhähne und Spechte im Nationalpark zu sehen. Das klingt alles sehr gut, tatsächlich ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass einem von den größeren Wildtieren eines über den Weg läuft, denn die haben genügend Rückzugsräume und sind überhaupt nicht auf unsere Gesellschaft erpicht. Wir haben jedenfalls in den zwei Besuchstagen lediglich den einen oder anderen Vogel gesehen (Info überwiegend Wikipedia).

Der Nationalpark ist durch eine kleine, geschotterte Straße, den Tivedsleden, erschlossen und erreichbar vom Riksväg 49 zwischen Karlsborg und Askersund oder der E 20 zwischen Hova und Laxå. Etwa 25 km markierte Wanderwege führen zu den schönsten Stellen im Nationalpark. An feuchten Tagen ist die Piste ziemlich schmierig. An steilen Passagen und bei Gegenverkehr muss man ein wenig aufpassen. Und das Auto sieht nach dem Verlassen des Parks natürlich aus wie Sau.

 

Der Park verfügt über ein Besucherzentrum, Toiletten, Grillplätze und diverse Badestrände. Letztere nur für Hartgesottene. Schließlich nähert sich von unten die kalte Brühe und von oben ein Stechmückengeschwader. Außer an den offiziellen Parkplätzen gilt im gesamten Parkgebiet Parkverbot. Camping mit Fahrzeugen ist ebenfalls auf der gesamten Parkfläche verboten, jedoch liegen etwas südlich und außerhalb des Parks die beiden oben aufgeführten Campingplätze. Im Park ist Camping mit Zelten an mehreren Punkten erlaubt. Per Bus ist der Park nicht zu erreichen (Info überwiegend Wikipedia).

Wanderwege im Tiveden Nationalpark

Im Tiveden Nationalpark gibt es genügend Wanderwege, um sich hier 2 bis 3 Wochen auszutoben. So viel Zeit dürften aber nur die Allerwenigsten zur Verfügung haben. Das Terrain im Park ist für eine Mittelgebirgslandschaft mitunter schon einigermaßen anspruchsvoll. Deshalb sollte man, sofern man kein eingefleischter Wanderer ist, die Zeitangaben weiter unten nicht zu wörtlich nehmen. Denn man möchte ja vielleicht auch einmal die Aussicht genießen, unterwegs ggf. eine Esspause einlegen und ab und zu fotografieren. Wir haben beispielsweise für den wenig anspruchsvollen grünen Weg und den anspruchsvollen orangefarbenen Weg jeweils etwa die doppelte Zeit, wie hier veranschlagt benötigt. Meist gilt auch, je anspruchsvoller der Weg, umso schöner ist er auch.

 

Folgende gut präparierte, aber naturnahe Wege werden ausgehalten:

Weg 1, rot: Trollkyrko-Rundan - 4,60 km - 3 Stunden

Weg 2, gelb: Stenkälle-Rundan - 2,20 km - 1,5 Stunden

Weg 3, orange: Tärnekulle-Rundan - 1,30 km - 1 Stunden

Weg 4, violett: Trehörnings-Rundan - 9,50 km - 5 Stunden

Weg 5, blau: Oxögabergs-Rundan - 6,70 km - 4 Stunden

Weg 6, grün: Mellannäs-Rundan - 1,90 km - 0,5 Stunden

Weg 7, weiß: Junker Jägare-Rundan - 2,80 km - 1,5 Stunden

Weg 8, schwarz: Vitsands-Rundan - 0,90 km - 0,5 Stunden

Weg 9, grau: Stigmans-Rundan - 4,20 km - 3 Stunden

Rundan = Runde oder Rundweg

 

Diese 9 Wanderwege befinden sich im Westteil des Tiveden Nationalparks. Die Wege 2, 3 und 6 sind wir vollständig abgelaufen, alle sonstigen fett gedruckten Wege sind wir in Teilen abgelaufen. Die Markierung der Wanderwege ist vorbildlich. 

 

Der Ostteil dürfte weniger stark durch Wanderer frequentiert sein, denn hier führen nur der Tivedsdalsvägen und der Bergslagsleden in Nord-Süd-Richtung durch den Park. Die sind aber sehr lange und eher für gute Wanderer geeignet, die auch im Park die eine oder andere Nacht verbringen möchten.

 

Wenn sie nicht gerade vergriffen ist, findet ihr an allen drei Eingängen eine Broschüre, die in Schwedisch, Englisch oder Deutsch erhältlich ist. Sie enthält alle oben angeführten Wanderwege, sodass ihr euch gut orientieren könnt. Die Broschüre gibt es übrigens auch im Fremdenverkehrsbüro in Karlsborg.

Der Tiveden Nationalpark ist über drei Eingänge mit dem Womo bzw. mit dem PKW zu erreichen (Quelle: openstreetmap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).

 

Huvudentrèn (Haupteingang) im Südosten (Wanderwege rot, blau, grau, gelb und violett)

Entrè Vitand im Norden (Wanderwege orange, schwarz, weiß und violett)

Entrè Ösjönäs im Westen (Wanderwege grün und violett)

 

Wir haben uns alle drei Eingänge angesehen. Achtung, der kürzestes Verbindungsweg zwischen Haupteingang und Eingang Ösjönäs (3 km) ist zumindest im Sommer 2023 nur für PKW befahrbar. Womos müssen deshalb einen relativ weiten Umweg fahren (14 km statt 3 km). Wir vermuten, dass eine nicht ausreichend dimensionierte Brücke oder eine nicht ausreichende Wegbreite das Problem sind. Wenn das stimmen sollte, wird die Einschränkung über einen längeren Zeitraum fortbestehen. Beachtet das bei der Planung eurer Route.

Der orangefarbene Wanderweg - Wanderweg 3

Der Besucherparkplatz am Entré Vitsand. Wir sind noch ganz alleine. Gedränge sollte es also auf der Wanderstrecke nicht geben.

Unser Weg führt uns zunächst zur Wegegabel. Hier geht es erst einmal ganz entspannt los.

Von der Wegegabel folgen wir dem orange bzw. mit drei Punkten markierten Wanderweg. Der Weg wurde uns von der deutschsprachigen Rangerin in Karlsborg empfohlen.

Ein schöner Sandstrand an den Ufern des Stora Trehörningen (Das große Dreieck).

Typische und vorbildliche Markierung, wie wir sie in mehreren von uns besuchten Nationalparks vorgefunden haben. Auf diesem Wegabschnitt verlaufen der Weg 8 (schwarz) und der Weg 3 (orange) ein gutes Stück gemeinsam.   

Im Wald liegen dutzende Findlinge unterschiedlichster Größe herum.

Findlinge und eine teils recht profilierte Morphologie machen das Wandern durch die unterschiedlichen Tritthöhen und teils enge Passagen manchmal recht mühsam. Für uns ist dieser Wanderweg schon recht anstrengend. Wir können von Glück sagen, dass sich wenigstens die Zahl der Moskitos in Grenzen hält.

An solchen Tümpeln werden wir meist etwas schneller, weil die Mückendichte sich deutlich erhöht.

Das immer wiederkehrende Spießrutenlaufen zwischen Findlingsfriedhöfen nimmt kein Ende.

Wenn man nicht gerade ein passionierter 25-jähriger Wanderer ist, sollte man sich deshalb für den Weg 3 ausreichend Zeit nehmen und immer mal ein Päuschen einlegen.

Wollsackverwitterung an einem Granitblock wie im Lehrbuch. Vorwiegend bei grobkristallinen, massigen Gesteinen wie Granit, Granodiorit, Diorit und entsprechenden Gneisen, auch bei dickbankigem Sandstein ist diese Verwitterungserscheinung weltweit zu beobachten.

Und schon wieder heißt es zwischen Findlingen und Blockschutt herumkraxeln. Angelika geht gerade die Wollsackverwitterung am Hintern vorbei.

Die Schweden haben sich wirklich große Mühe gegeben, keine Attraktion auszulassen. Sie haben uns sprichwörtlich jede Menge Steine in den Weg gelegt.

Hier sind wir an einem der höchsten Punkte des Wanderwegs. Vor lauter Bäumen hat man aber keine gute Fernsicht.

Hier hat vermutlich Frostsprengung einen Findling in zwei Teile zerlegt. Ein schöner glatter "Schnitt" von Mutter Natur, der nun von Moosen und Flechten in Besitz genommen wird. Saubere Arbeit!


Schön, auch einmal leichtere Passagen vorgesetzt zu bekommen, an denen man etwas Strecke machen kann.

Das Seeufer des Stora Trehörningen signalisiert uns, dass wir den orangefarbenen Weg Nr. 3 nun bald geschafft haben. Der hat uns ganz schön zugesetzt.

Auf dem letzten Stück Weg sind nun sogar 3 Wege vereint, gleich sind wir zurück am Womo. Eigentlich wollten wir nun noch den weißen Weg Nr. 7 ablaufen. Wenn der aber ähnlich profiliert ist wie der soeben Begangene, dann wird das ein mühsames Unterfangen. Also ziehen wir es vor, ohne Umschweife zum Junker Jägeres Sten zu laufen, um danach den Park vom Haupteingang aus weiter zu erkunden.