Gibraltar

Mittwoch, 13.11.2024, Gibraltar

Wir haben uns in Tarifa so wohl gefühlt, dass wir den Wetterbericht völlig aus den Augen verloren haben. Wären wir gestern weitergereist nach Gibraltar, dann hätten wir dort einen wunderschönen Sonnentag erleben können. Heute herrscht dagegen Tristesse, das Wetter ist ziemlich durchwachsen und wir können uns auf nichts so richtig einstellen. Trotzdem sollen die Regenmengen heute noch recht niedrig ausfallen. Morgen soll es noch deutlich schlechter werden, so bleibt uns nur der eine Tag für den Besuch des Affenfelsens.

 

Schon gegen 07:00 Uhr verlassen wir das noch dunkle Tarifa und quälen uns über das Küstengebirge nach Algeciras. Durch das ständige Auf und Ab und die vielen Kurven kann man hier schlecht überholen und so werden wir einmal mehr zum Verkehrshindernis. Vor Algeciras sind wir dann Teil der morgendlichen Rushhour, die Fahrzeuge stauen sich in die Stadt und da ist dann sowieso alles egal. Wir sind froh, als wir den Stau an der Stadtgrenze über die Autovia umfahren können und erreichen dann doch recht schnell La Linea, das Gibraltar unmittelbar vorgelagert ist.

Gegen 08:30 Uhr stehen wir auf dem Stellplatz unweit Gibraltar, der sich unmittelbar vor der Grenze zur britischen Kronkolonie befindet. Wir sind hungrig und frühstücken erst einmal, denn wir wissen nicht, wie langwierig der Ausflug nach Gibraltar heute werden wird. Wir wollen möglichst kein Geld umtauschen, zumal es dort drüben auch recht teuer sein soll.

Das Wetter fällt erst einmal besser aus als erwartet und so sehen wir zu, dass wir uns auf den Weg machen und starten gegen 10:00 Uhr.

Die bunten Hüttchen am Jachthafen heitern unsere Stimmung auf. Wir sind etwas angespannt, weil wir nicht wissen, wie lange es trocken bleibt.

Jenseits des Jachthafens geht es über diese große Freifläche an der Avenida Príncipe de Asturias entlang, den Affenfelsen immer fest im Blick.

Vom Stellplatz sind es nur 800 Meter bis zur Grenze und so sind wir recht schnell an der Zoll- und Passkontrolle, die wir völlig problemlos passieren können. Für EU-Ausländer reicht ein Personalausweis.

 

Kaum sind wir auf britischem Hoheitsgebiet, bemerkt Michael, dass er die Kreditkarten und das Geld im Auto hat liegen lassen. Ohhh nein. Angelika bleibt, wo sie ist und Michael darf noch einmal ziemlich zügig zum Wohnmobil zurück. Da kommt Freude auf. Beim nochmaligen Durchgang durch den Zoll schaut der Zollbeamte leicht irritiert, denn noch ist wenig Betrieb und Michaels Gesicht kommt ihm bekannt vor. Stress gibt es aber keinen deshalb und so können wir dann endlich gegen 10:30 Uhr den Weg in die Britische Kronkolonie fortsetzen. Uns wurde übrigens geraten das Handy wegen möglicher Roaminggebühren auszuschalten. Wir haben das am Ende vergessen, konnten jedoch keine erhöhten Kosten durch die Nähe zu Marokko oder Gibraltar feststellen.  

Nach der Zollkontrolle laufen wir zunächst direkt auf den Flughafen zu. Wegen des akuten Platzmangels quert die Rollbahn den Zugang zur Stadt und so muss der ganze Verkehr nebst Fußgängern über die Landebahn fahren bzw. laufen. Wann wird einem so etwas schon einmal erlaubt. Viele Flieger landen hier natürlich nicht, aber wenn einer im Anflug ist, dann wird einem beim gemütlichen Queren der Runway mittels Lautsprecherdurchsagen schon einmal Dampf gemacht. Und das geschieht very british, laut und mit ordentlich Nachdruck, so dass es auch keiner missversteht. 

Während uns der Flughafen noch etwas von der Stadt abgelenkt hat, fällt unser Blick nun jenseits der Rollbahn auf dieselbe und der erste Eindruck von Gibraltar ist kein guter. Alles total verbaut! Ist das ein Wunder? Nein, denn Platz ist hier nun einmal äußerst begrenzt. Die Neustadt zeigt dank austauschbarer zeitgenössischer Bauweise die hässliche Fratze vieler westlicher Städte. Das ist zweckmäßig, aber extrem langweilig und fantasiefrei. Und während man andernorts von der Pracht, die einem entgegenkommt, gar nicht genug bekommen kann, will man hier einfach nur flüchten. Der Verkehr quält sich durch ein Nadelöhr, es ist laut und geschäftig und es stinkt nach Abgasen. Spießrutenlaufen zwischen zahlreichen Baustellen ist angesagt. Immerhin vermitteln Wegweiser ein wenig britischen Glanz. 

Eine schöne Erinnerung an eine Zeit, als es noch keine Handys gab. Dorthin zurück möchten aber die wenigsten.

Als wir uns der Mainstreet nähern, wird es ruhiger und man kann gemütlich die Hauptgeschäftstrasse hinauflaufen.

Die Fußgängerzone wirkt dann schon recht aufgeräumt. Die eng ständige Bebauung verhindert auch den Blick in die nahe Nachbarschaft. Und hätte man sich nicht soeben davon überzeugen können, dass sich hinter dieser pittoresken Fassade gähnende Langeweile in puncto Architektur auftut, man würde es kaum glauben. Wer den Sinn des Lebens in Shoppingausflügen sieht, der wird hier in dieser ausgesprochen touristisch geprägte Mainstreet mindestens teilweise glücklich werden, der Rest kann sich immerhin amüsieren. Bei der recht langen Ladenzeile ist jedenfalls für jeden etwas dabei. Die Preise sind, abgesehen vom Diesel, um einiges höher als drüben in Spanien, für Fisch und Chips dürfen es gerne mal 15 bis 17 Euro sein und die Portionen sind noch nicht einmal groß. Das muss nicht sein.


Die Mainstreet zieht sich ganz ordentlich, aber irgendwann haben wir es dann gepackt und stehen vor der Seilbahn (Cable Car). Wir nehmen zwei Kombitickets und erwirken damit den Zugang zum Naturschutzgebiet und ein Returnticket für die Seilbahn. 72 Pfund kostet der Spaß, das ist ganz schön teuer.

Der Besucherandrang hält sich heute Morgen zum Glück in Grenzen und ein Kreuzfahrtschiff liegt zum Glück auch nicht im Hafen. Warum erwähnt Michael das? Weil es schlimm wäre! Denn die Kreuzfahrer hätten an der Seilbahn Vorrang, und das hieße, wir könnten trotz des gelösten Tickets in der Warteschlange zusehen, wie die Horden aus dem Schiff an uns vorbei gelotst würden. Im Netz kursiert das Video eines Pärchens, das 90 Minuten warten musste, weil Kreuzfahrer die Seilbahn für alle anderen außer Betrieb genommen haben. Das Pärchen war so gefrustet, die werden sich hier nie wieder blicken lassen und das können wir auch verstehen, denn das ist natürlich extrem ungerecht.

 

Und die Ungerechtigkeiten würden sich oben auf dem Felsen natürlich fortsetzen. An allen interessanten Locations könnte man sich vor lauter Besuchern nicht mehr drehen, egal wohin man ginge, man hätte immer das Nachsehen und das bei diesen Preisen. Also achtet darauf, ob Kreuzfahrtschiffe vor Anker liegen und haltet euch an solchen Tagen, wenn möglich fern. Sehr früh an die Seilbahn zu gehen bringt in diesem Zusammenhang übrigens nichts, weil die erste Bahn erst um 10:00 Uhr fährt.

 

Nun ja, wir haben Glück und müssen uns heute damit nicht herumschlagen. Kreuzfahrtschiffen gehen wir aber grundsätzlich aus dem Weg, denn das bringt immer Stress. Wenn plötzlich 200 Womos gleichzeitig irgendwo aufschlagen, wäre das auch nicht unser Ding, obwohl wir ansonsten überhaupt keine Berührungsängste haben und keinesfalls ständig dem einsamen See in den Bergen hinterherjagen.

In wenigen Minuten sind wir mit der Seilbahn oben und genießen die grandiose Aussicht. Im Nachhinein sind wir froh, dass wir nicht zu Fuß hier hochgelaufen sind, denn die Anstiege sind recht steil und bei dem Laufpensum, das wir fast täglich bewältigen, wäre das kontraproduktiv für die nächsten Tage.

Der Berberaffe (Macaca sylvanus), ist eine Makakenart aus der Familie der Meerkatzenverwandten. Er ist vor allem dafür bekannt, dass er außer dem Menschen die einzige frei lebende Primatenart Europas ist. Schon an der Seilbahnstation sitzen die ersten Affen und auf unserer Wegstrecke in Richtung St. Michaels Cave tauchen die immer wieder in mehr oder minder großer Zahl auf.

Die Fotos mit den Affen sind wirklich putzig. Frei laufende Affen sieht man ja nicht alle Tage, oder?

Aber man muss aufpassen, die klauen wie die Raben, öffnen schneller, als man es erwarten würde jeden Rucksack, springen einem auf die Schulter und versorgen sich mit Nahrung aller Art, obwohl sie ja von der Parkverwaltung gefüttert werden. Liegt halt in ihrer Natur alles zu ergattern, was das Überleben sichert.


Und natürlich gibt es an vielen Punkten immer wieder tolle Ausblicke auf das Umland und weil der angekündigte Regen noch immer nicht da ist, können wir trotz der schwierigen Bedingungen hinüber bis nach Marokko schauen.

Es gibt auf dem Weg zur Höhle auch einen kleinen Skywalk, den man mit dem Kombiticket ebenfalls betreten darf. Das nehmen wir natürlich gerne mit und auch hier ist der eine oder andere Affe zu sehen. Es ist kaum zu glauben, mit welcher Geschicklichkeit sich selbst die kleinsten Äffchen über dem schwindelerregenden Abgrund am Fels bewegen.

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