Montag, 06.11.2024, Bahnhof Nerva und Wanderung am Rio Tinto
Unser Übernachtungsplatz in Nerva bleibt die ganze Nacht ruhig, sodass wir bestens geschlafen haben. Von hier aus fahren wir
hinüber zum Bahnhof der Museumsbahn und parken unser Auto auf der Schotterfläche vor der schmalen Brücke, die hinüber
zum Bahnhof führt und versuchen herauszufinden, wann hier ein Zug fährt. Doch das gelingt uns an den drei Tagen, die wir vor Ort sind nur bedingt. Wir haben den Eindruck, dass zumindest in der
Nebensaison die Anzahl der Fahrten und die der angehängten Wagen von den Online-Vorbestellungen an Bussen wesentlich mitbestimmt wird. Das könnte auch der Grund sein, warum keine Fahrpläne
ausgehängt sind. Wir hatten ferner den Eindruck, dass es in der Nebensaison, bei ausreichend frühem Erscheinen kein Problem ist, ein Ticket zu bekommen.
Das Kärtchen zeigt das Bergbaustädtchen Nerva unweit Minas de Rio Tinto mit dem Bahnhof der Museumsbahn (Quelle: OpenStreetMap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Blick auf den Parkplatz am Bahnhof der Museumsbahn. Wie man sieht, befinden sich im vorderen Teil des Parkplatzes auch Stellflächen, die für Wohnmobile geeignet sind. An besucherstarken Tagen sind die möglicherweise mit Pkw zugestellt. Dann bietet sich für Wohnmobile die Schotterfläche vor der Brücke an.
Blick zurück vom Parkplatz der Museumsbahn in Richtung Zufahrt mit der Schotterfläche, auf der unser Wohnmobil abgestellt ist. Die Brücke über die Bahngleise macht auf den ersten Blick keinen sehr vertrauenswürdigen Eindruck, aber keine Angst, die hält. Der Museumsbahnhof ist verwaist, nirgendwo einen Fahrplan, doch ein Bauarbeiter sagt uns, dass zumindest am Nachmittag ein Zug fahren wird. Solange wollen wir allerdings nicht warten und beschließen, eine Wanderung entlang des Rio Tinto zu unternehmen. Die Strecke, die wir uns vornehmen, ist kein ausgewiesener Wanderweg und sie ist deshalb mit mancherlei Unbequemlichkeit verbunden. Aber sie führt durch eine wirklich beeindruckende Landschaft. Wohnen möchte man hier nicht, aber wenn man noch nichts Vergleichbares gesehen hat, dann ist diese Wanderung schon etwas Besonderes.
Wer sich diese Querfeldeinwanderung nicht zumuten möchte, der findet unweit des Museumsbahnhofs zwei Wasserrutschen, an denen überwiegend gelborange gefärbtes Wasser an Überläufen von Staubecken in einen kleinen Canyon abfließt. Wie wir später noch sehen werden, nimmt das Wasser, je nach Tiefe der Sammelbecken unten im Canyon sämtliche Farbtöne von hellgelb bis blutrot an und verleiht der Landschaft ein völlig surreales Bild.
Die Wasserrutsche schräg gegenüber der Schotterfläche auf der unser Wohnmobil abgestellt ist.
Geht man etwa 100 m den Schotterweg hinunter und steigt dann nach Norden den Hügel hinauf, dann erreicht man die Staumauer rechts im Bild. Hier befindet sich eine zweite Wasserrutsche bzw. Kaskade.
Blick zurück von der Staumauer in Richtung Museumsbahnhof mit der großen Wasserrutsche rechts und der kleinen Wasserrutsche im Bildhintergrund.
Kommen wir nun zu unserer Wanderung. Bevor wir starten, überschlägt Michael die Strecke und kommt auf etwa 6 km. Mit allen Umwegen, die wir am Ende gelaufen sind, werden es dann eher acht bis neun Kilometer Strecke. Deshalb unser erster Rat. Nehmt euch genügend zu Essen und vor allem zu Trinken mit. Bedenkt ferner, dass das Gelände, in dem wir uns bewegen, vielfach aus aufgeschütteten Halden oder stark verwitterten Lockergesteinen besteht. Beide können recht scharfkantig sein, was insbesondere Michael noch zu spüren bekommt. Geht deshalb mit ordentlich profilierten Schuhen und keinesfalls mit kurzen Hosen ins Gelände, auch wenn es bequem ist. Rutscht ihr aus, gibt es ordentliche Schürfwunden.
Unsere Wanderung entlang des Rio Tinto vom Museumsbahnhof bis zum Betriebshof (Taller de Zarandas) der Museumsbahn und zurück (Quelle: OpenStreetMap, Lizenz CC-BY-SA 2.0).
Gegen 10:00 Uhr laufen wir auf der Ostseite des Rio Tinto (im Uhrzeigersinn) in südliche Richtung los. Zunächst folgen wir einer breiten Straße, die teils asphaltiert, teils geschottert ist. Die Straße ist bequem zu begehen, aber sie ist alles andere als fotogen, deshalb gibt es auch keine Bilder. Sie läuft in etwas größerer Entfernung von Fluss oberhalb desselben halbkreisförmig in südliche Richtung, schlägt dann einige kleinere Haken und wendet sich schließlich vom Fluss ab.
Nach etwa einem Kilometer Strecke müssen wir nun einen Weg hinunter an den Fluss finden, was nicht ganz einfach ist. Wir versuchen einen angedeuteten Weg hinunter ins Tal zu erreichen, der schließlich zum Fluss führt, was durch mehrere, unseren Weg querende Erosionsrinnen deutlich erschwert wird. Wo immer möglich versuchen wir uns auf dem anstehenden Fels zu bewegen, auf vielfach vorhandenen Lockersediment sind wir schon einige Male ausgerutscht.
Die vom Menschen aufgerissene Landschaft wird nun aufgrund des Farbenspiels deutlich interessanter. Die Farben der umliegenden Felswände variieren von schwarz über grau zu rot, gelb und weiß, selbst malachitgrün ist an der einen oder anderen Stelle zu finden.
Der Río Tinto (deutsch „roter Fluss“) ist ein Fluss im Südwesten Spaniens, in der Autonomen Region Andalusien. Er entspringt im Norden der Provinz Huelva und mündet nach etwa 100 km in der Nähe der Stadt Huelva in den Atlantischen Ozean.
Die signifikante Färbung des Wassers hat ihren Ursprung vor allem in der Verwitterung sulfidischer Schwermetallminerale der dort vorkommenden Erzlagerstätte. Bei der Erzlagerstätte handelt es sich um hydrothermal gebildete Erzlager, die vor allem aus Pyrit („Schwefelkies“, Eisendisulfid) und daneben auch aus Chalkopyrit („Kupferkies“, Kupfereisendisulfid) bestehen. Die Verwitterung besteht in einer hauptsächlich mikrobiell bedingten Oxidation der Sulfidminerale, bei der Sulfid durch spezielle Bakterien und Archaeen zu Schwefelsäure oxidiert wird und die Schwermetalle dabei als in Wasser gelöste Ionen frei werden. Die Verwitterungsprodukte, Schwermetall-Ionen und Schwefelsäure, gelangen mit dem Niederschlagswasser in den Fluss.
Aufgrund der Schwefelsäure-Zuflüsse ist das Flusswasser stark sauer, was dazu führt, dass nur Säure liebende Mikroorganismen in ihm leben können, darunter Bakterien, Pilze, Hefen und Algen. Insofern sollte man den Kontakt mit diesem Gewässer tunlichst vermeiden (überwiegend Wikipedia entnommen).
Nachdem wir zunächst auf einem recht bequemen Weg dem Fluss zu folgen vermögen, wird dieser alsbald zu einem schmalen Pfad, auf dem man aufpassen muss, wohin man seine Füße setzt.
Das bestimmende Element unseres weiteren Weges ist nun ein ständiger Wechsel zwischen bequem zu begehenden Passagen und mühsam zu überwindenden Teilstrecken.
Manchmal wird das Flussbett auch flach und recht breit, sodass wir uns unmittelbar neben der roten Brühe bewegen können.
Als wir mitten in der Wildnis unterwegs sind, schrecken wir ein Rudel Hirsche auf. Doch bis wir die Kamera draußen haben, sind die schnellen Tiere längst wieder zwischen Koniferen verschwunden. Ganz erstaunlich, dass die Tiere verwertbares Wasser und Pflanzen in diesem lebensfeindlichen Umfeld deutlich zu trennen wissen.
Nicht zum ersten Mal laufen wir auch an einem Wegweiser vorbei. Aber die Markierungen sind so spärlich angebracht, dass man sich nicht auf diese verlassen sollte. Einige Male müssen wir uns aufwändig durch unwegsames Gelände quälen, mehrere Wege ausprobieren, bevor wir schließlich wieder den rechten Weg finden. Im Bildhintergrund können wir hier bereits den Betriebshof (Taller de Zarandas) erahnen. Hundert Meter weiter wird unser Weg einen Haken nach Osten schlagen und danach den Blick auf den Bahnbetriebshof freigeben.
Das enge Flussbett mündet nun in ein breites Tal, in dem eine ganze Reihe von Ruinen aus dem Bergbaubetrieb besichtigt werden können. Auch wenn im Umfeld durch die Museumsbahn immer noch ordentlich Betrieb ist, haben die Bauwerke bereits den Charakter von Lost Places, die man allerdings nur aus gebührender Entfernung anschauen sollte. Denn gesichert ist hier nichts, und ob wir uns hier überhaupt noch auf erlaubtem Terrain bewegen, ist uns inzwischen auch nicht mehr so ganz klar. In jedem Fall ist das Gelände außerordentlich interessant, weil es alles andere als alltäglich ist. Und vor allem Michael ist begeistert von dem, was es hier alles zu sehen gibt, auch wenn es eigentlich nur schrottreife Bauwerke und eine vom Menschen aufgerissene Landschaft zu sehen gibt.
Um auf der anderen Seite des Flusses wieder nach Norden laufen zu können, benötigen wir eine Brücke. Denn bei pH-Werten um pH 2 würden wir uns die Haut ordentlich verätzen. Statisch ist die Brücke keine Herausforderung, aber die fehlenden Geländer können Personen mit Höhenangst schon ein flaues Gefühl vermitteln.
Wir finden mehrere Brücken, die wir nutzen könnten und nehmen die erste Brücke, die sich uns anbietet. Um nicht noch verjagt zu werden, halten wir nun gebührenden Abstand zum Bahnbetriebswerk. Denn Michael möchte sich zu gerne einmal das rollende Material ansehen.
In der Mitte des Tales befinden sich weitere Bauruinen aus den Zeiten des Bergbaus. Wir finden, dass dieses Areal ordentlich Potenzial hat, um auch größere Besucherströme anzulocken. Man müsste halt einen wirklich schön gestalteten Wanderweg errichten, diesen mit Fotopunkten entlang des Flusses und der bergbaulichen Ruinen ausstatten und durch mehrsprachige Erläuterungen den Besuchern einmal verdeutlichen, wozu die Anlagen dienten und wie sie früher beschaffen waren. Dazu eine Einführung in die Historie, da wäre einiges zu machen. Wirklich schade, dass man das Potenzial, dass man hier hat noch nicht so richtig erkannt hat.