Montag, 07.11.2024, Mit der Museumsbahn den Rio Tinto erkunden
Gegen 12:00 Uhr erreichen wir den Parkplatz am Bahnhof der Schmalspurbahn und ruhen uns noch ein wenig aus. Gegen 13:00 Uhr soll der Ticketschalter aufmachen, aber es wird dann doch 13:15 Uhr und Michael ist schon leicht nervös. Denn die Mehrzahl der Besucher verfügt über Onlinetickets. Sind da noch Plätze frei? Ja, es gibt noch ausreichend freie Plätze. Glück gehabt! Nun ja, es ist ja auch keine Hauptsaison. Die Bahn kostet aktuell 13 € p.P. Für Pensionistas, also Rentner macht das 12 Euro. Da waren die Rabatte auch schon einmal höher. Gut möglich, dass man in Spanien zwischen Veranstaltungen, bei denen das Vergnügen im Vordergrund steht und kulturell wertvollen Veranstaltungen unterscheidet. Wertvoll oder nicht, Angelika schenkt sich die Fahrt und kümmert sich in der Zwischenzeit schon einmal um das Mittagessen.
Der Zug steht schon eine ganze Weile unten auf dem Bahnsteig, als wir endlich die lange Treppe hinuntersteigen dürfen. Fünf Wagen sind bereitgestellt. Eine Klasse mit Schulkindern ist kurz vor Abfahrt des Zuges noch mit einem Bus eingetroffen. Für die Rasselbande hat man eigens einen separaten Wagen reserviert. Das aber wohl eher nicht, um die Senioren nicht zu belästigen, sondern um die lieben Kleinen besser im Auge behalten zu können.
Was uns angenehm auffällt: Die überwiegende Zahl der Besucher sind Rentner und die scheinen sich ordentlich zu freuen, dass die junge Truppe den Laden hier mal so richtig aufmischt. Von Berührungsängsten keine Spur. Das haben wir zu Hause auch schon einmal anders erlebt.
Der Rest der Besucher kann unter den verbleibenden 4 Waggons frei wählen. Und wie man sieht, herrscht kein Gedränge. Jedes zweite Fenster lässt sich öffnen. Weil aber einige Besucher gar kein Interesse haben, die Nase in den Wind zu halten, kann Michael seine Rübe wahlweise mal links und mal rechts aus dem Fenster halten, um möglichst wenig zu verpassen. Die in Fahrtrichtung linke Seite ist allerdings die eindeutig bessere, denn dort fließt der Rio Tinto, dort weitet sich später auch das Tal und dort befinden sich deshalb auch die meisten Lost Places. Und das gilt sowohl talabwärts wie talaufwärts, denn der Zug wendet nicht.
Aus kleinen Seitentälern fließen Bäche mit klarem Quellwasser zu, deshalb könnte man annehmen, dass diese alsbald die Farbe des Wassers so weit verdünnen, dass diese verschwindet. Doch nichts dergleichen passiert.
Der Zug rattert und wackelt ordentlich. Den windschiefen Gleisen vor dem Stellwerk kann man ansehen, wie es im Zug zugeht. Solange man sitzt und einfach nur die Landschaft beobachtet, ist das kein Problem, aber Michael steht die ganze Zeit am offenen Fenster und schaut mit der Kamera nach draußen. Da muss man wirklich aufpassen, dass man sich den Kopf nicht an den niedrigen Fenstern anschlägt. Und es ist auch nicht so einfach, mit dem Handy zu fotografieren. Die Verschlusszeiten lassen sich da nicht so einfach wie bei einer Spiegelreflexkamera nach oben schrauben und der Foto eiert die zwischen den Händen immer mal wieder hin und her.
Schon haben wir die ersten 3 km Strecke hinter uns gebracht und fahren an den Abstellgleisen des Bahnbetriebswerkes Zarandas vorbei. Noch einmal sehen wir das rostige Inventar an Lokomotiven und Güterwagen.
Die Wartungshalle kann Michael nun auch aus der Nähe fotografieren. Das war gestern schwierig. Wäre er entdeckt worden, hätte man ihn unter Umständen vom Acker gejagt. Allerdings haben wir auch schon einige Male erleben können, dass die Spanier recht großzügig beim Auslegen der Regeln verfahren.
Jenseits des Bahnhofs von Zarandas fängt für uns heute das Neuland an. Zunächst passieren wir einen langgezogenen Wall aus
verrottetem Schwellenholz, das man ohne viel Federlesen entlang der Bahnstrecke plaziert hat.
Die durch den Bergbau geprägten Geländeabschnitte treten nun zurück und die Hänge sind zunehmend begrünt durch eine
aufgelockerte Bewaldung. Aber der Rio Tinto hebt sich weiterhin als leuchtend gelbrotes, mal schmales, mal breites und bei ausreichender Tiefe auch blutrotes Band von den umgebenden Hängen ab.
Bäume versperren zunehmend den Blick auf das Flusstal. Oft geht es sehr schnell und ein eben noch vorhandenes Sichtfenster schließt sich, bevor der Auslöser gedrückt ist. Doch Michael merkt sich
die lohnenden Passagen mit den kleinen Baumfenstern, um bei der Rückfahrt gewappnet zu sein.
Schließlich erreichen wir das untere Ende der Strecke. Hier gibt es nun eine etwa 10-minütige Pause, die man nutzen kann, um sich den Fluss einmal aus nächster Nähe anzusehen. Das konnten wir gestern zwar mehr als ausreichend, aber für die meisten Besucher im Zug ist das ja eine Premiere. Und so wird diese Gelegenheit gerne genutzt. Michael verfolgt erst einmal noch das Entkoppelungsmanöver der Lok. Nachdem diese unten abgehängt worden ist, fährt sie auf ein Parallelgleis, passiert die abgehängten Waggons, fährt oben wieder vor den Zug und dockt nun wieder an, um für die Rückfahrt gewappnet zu sein.
Nun heißt es auch für Michael noch schnell zum Fluss zu laufen und ein paar Fotos zu machen. Unterwegs sehen wir auch ein paar Geländewagen, die mit kleinen Gruppen die unbefestigte Straße zwischen Bahnstrecke und Rio Tinto hinauffahren. Doch das ist ein teures Vergnügen und wesentlich mehr als wir sehen die auch nicht.
Das Gewässer zeigt sich hier am Haltepunkt von seiner besten Seite und ermöglicht so ganz ordentliche Aufnahmen.
Nun noch schnell die Signalanlagen ins Visier nehmen und schon tönt das Horn der Diesellokomotive und fordert die Ausflügler auf, zum Zug zurückzukehren. Viel Zeit hatten wir jetzt nicht wirklich, deshalb ist Michael rundherum zufrieden, dass wir gestern die Wanderung machen und uns einmal so richtig satt sehen konnten.
Auf dem Rückweg zahlt sich Michaels Taktik aus. Die wenigen Punkte, an denen der Fluss sein schönstes Gesicht zeigt, ließen sich gut merken und nun wird an den Sichtfenstern ein ums andere Mal abgedrückt bis alles im Kasten ist.
Das vom Hochwasser leuchtend rot-orange eingefärbte Gestein kontrastiert richtig gut das Grün der niederen Büsche und lichten Koniferenwälder.
Nun hat Michael auch etwas mehr Zeit für die Westseite der Strecke und sieht, dass es an einigen Punkten auch recht eng zugeht und man beizeiten den Rüssel einziehen sollte.
Dieses Teilstück, kurz vor dem Ende der Bahnfahrt, haben wir gestern wegen des Verbotsschildes verpasst. Schließlich mussten wir uns ja von der Bahnstrecke fernhalten. Schön, dass wir nun dieses Ensemble mit leuchtenden Erdfarben auch noch geschenkt bekommen.
Ein wenig weiter oben lacht die Landschaft Michael noch einmal an und da muss er einfach noch einmal abdrücken.
Nun ist es aber gut. Der Rausch in Gelb, Orange und Rot muss ein Ende haben. Zum Glück haben wir uns nicht gegen diese Location entschieden. Für Michael ein absolut lohnendes Ziel, zumal wir bei etwas mehr Zeit auch noch einen Blick auf die britische Kolonialvergangenheit dieses Gebietes hätten werfen können. Doch wir haben uns für unseren ersten längeren Aufenthalt in Spanien noch einiges vorgenommen und so geht es nun weiter in Richtung Süden.
Nach gut zwei Stunden sind wir zurück am Bahnhof Nerva. Angelika hat inzwischen das Mittagessen gemacht und so können wir direkt Mittag machen. Gegen 16:00 Uhr geht es dann noch 60 km nach La Palma del Condado, wo wir die Nacht verbringen wollen. Hier haben wir schon einmal Frühstück gemacht und den Platz zu schätzen gelernt, weil sich in unmittelbarer Nähe ein gut aufgestellter Mercadona-Supermarkt befindet.